Volksabstimmung 1921: Unterschied zwischen den Versionen

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Bis 1918 gehörte das Gebiet des heutigen Burgenlandes zur ungarischen Reichshälfte Österreich-Ungarns. Die Bevölkerung dieses Raumes – meist Deutsch- oder Kroatisch sprechende Bauern und Wanderarbeiter – war wirtschaftlich und sozial eng mit den benachbarten Ländern Niederösterreich und Steiermark verbunden. Die zukünftige Staatszugehörigkeit war für die Bewohner von "[[Deutsch-Westungarn]]" (1918-21 provisorische Bezeichnung für das Burgenland) eine Existenzfrage. Eine breite Bewegung im Volk forderte unter Berufung auf das "Selbstbestimmungsrecht der Völker" den Anschluss an Österreich. Im Friedensvertrag von St. Germain vom 10. September 1919 wurde die Übergabe des inoffiziell bereits als "Burgenland" bezeichneten Gebietsstreifens an Österreich für einen Zeitpunkt nach der Unterzeichnung und Ratifizierung des Friedensvertrags mit Ungarn in Aussicht gestellt. Ungarn wurde 1920 im Vertrag von Trianon verpflichtet, diesen Gebietsteil Altungarns an Österreich abzugeben. Die Aufnahme in die Republik Österreich wurde im [[Bundesverfassungsgesetz über die Stellung des Burgenlandes]] als selbständiges und gleichberechtigtes Land im Bund und über seine vorläufige Einrichtung vom 25. Jänner 1921 geregelt.
Bis 1918 gehörte das Gebiet des heutigen Burgenlandes zur ungarischen Reichshälfte Österreich-Ungarns. Die Bevölkerung dieses Raumes – meist Deutsch- oder Kroatisch sprechende Bauern und Wanderarbeiter – war wirtschaftlich und sozial eng mit den benachbarten Ländern Niederösterreich und Steiermark verbunden. Die zukünftige Staatszugehörigkeit war für die Bewohner von "[[Deutsch-Westungarn]]" (1918-21 provisorische Bezeichnung für das Burgenland) eine Existenzfrage. Eine breite Bewegung im Volk forderte unter Berufung auf das "Selbstbestimmungsrecht der Völker" den Anschluss an Österreich. Im Friedensvertrag von St. Germain vom 10. September 1919 wurde die Übergabe des inoffiziell bereits als "Burgenland" bezeichneten Gebietsstreifens an Österreich für einen Zeitpunkt nach der Unterzeichnung und Ratifizierung des Friedensvertrags mit Ungarn in Aussicht gestellt. Ungarn wurde 1920 im Vertrag von Trianon verpflichtet, diesen Gebietsteil Altungarns an Österreich abzugeben. Die Aufnahme in die Republik Österreich wurde im [[Bundesverfassungsgesetz über die Stellung des Burgenlandes]] als selbständiges und gleichberechtigtes Land im Bund und über seine vorläufige Einrichtung vom 25. Jänner 1921 geregelt.


Ungarn erachtete dies als nicht akzeptabel und die politische Führung beabsichtigte diesen Verlust mit allen Mitteln zu verhindern. So versuchten auch ungarische Milizen und Freischärler die Übergabe des Burgenlandes, die offiziell für den 28. August 1921 angesetzt war, mit Waffengewalt zu verhindern. Auf österreichischer Seite war man nach dem Weltkrieg noch "gelähmt". Das erste österreichische Bundesheer (1920 bis 1938) war gerade erst gegründet und nicht in der Lage die erforderliche Reaktion zu setzen. So wurde in Wien freiwillige Studentenkompanien aufgestellt, die in Ermangelung geeigneter Transportmittel meit mit Fahrrädern (Fahrräderkompanien) zum Abwehrkampf ins Burgenland fuhren.
Ungarn erachtete dies als nicht akzeptabel und die politische Führung beabsichtigte diesen Verlust mit allen Mitteln zu verhindern. So versuchten auch ungarische Milizen und Freischärler die Übergabe des Burgenlandes, die offiziell für den 28. August 1921 angesetzt war, mit Waffengewalt zu verhindern. Auf österreichischer Seite war man nach dem Weltkrieg noch "gelähmt". Das erste österreichische Bundesheer (1920 bis 1938) war gerade erst gegründet und nicht in der Lage die erforderliche Reaktion zu setzen. So wurde in Wien freiwillige Studentenkompanien aufgestellt, die in Ermangelung geeigneter Transportmittel mit Fahrrädern (Fahrräderkompanie bzw Radfahrerkompanie genannt) zum Abwehrkampf ins Burgenland fuhren.


==Venediger Protokoll ==
==Venediger Protokoll ==

Version vom 12. Juni 2009, 07:26 Uhr

Plakat des Ödenburger Heimatdienstes

In der Volksabstimmung 1921, abgehalten am 14. Dezember 1921 in Ödenburg und Umgebung, wurde entschieden, dass die Stadt Ödenburg, (ungarisch Sopron) und die umliegenden Dörfer bei Ungarn verblieben.

Vorgeschichte

Bis 1918 gehörte das Gebiet des heutigen Burgenlandes zur ungarischen Reichshälfte Österreich-Ungarns. Die Bevölkerung dieses Raumes – meist Deutsch- oder Kroatisch sprechende Bauern und Wanderarbeiter – war wirtschaftlich und sozial eng mit den benachbarten Ländern Niederösterreich und Steiermark verbunden. Die zukünftige Staatszugehörigkeit war für die Bewohner von "Deutsch-Westungarn" (1918-21 provisorische Bezeichnung für das Burgenland) eine Existenzfrage. Eine breite Bewegung im Volk forderte unter Berufung auf das "Selbstbestimmungsrecht der Völker" den Anschluss an Österreich. Im Friedensvertrag von St. Germain vom 10. September 1919 wurde die Übergabe des inoffiziell bereits als "Burgenland" bezeichneten Gebietsstreifens an Österreich für einen Zeitpunkt nach der Unterzeichnung und Ratifizierung des Friedensvertrags mit Ungarn in Aussicht gestellt. Ungarn wurde 1920 im Vertrag von Trianon verpflichtet, diesen Gebietsteil Altungarns an Österreich abzugeben. Die Aufnahme in die Republik Österreich wurde im Bundesverfassungsgesetz über die Stellung des Burgenlandes als selbständiges und gleichberechtigtes Land im Bund und über seine vorläufige Einrichtung vom 25. Jänner 1921 geregelt.

Ungarn erachtete dies als nicht akzeptabel und die politische Führung beabsichtigte diesen Verlust mit allen Mitteln zu verhindern. So versuchten auch ungarische Milizen und Freischärler die Übergabe des Burgenlandes, die offiziell für den 28. August 1921 angesetzt war, mit Waffengewalt zu verhindern. Auf österreichischer Seite war man nach dem Weltkrieg noch "gelähmt". Das erste österreichische Bundesheer (1920 bis 1938) war gerade erst gegründet und nicht in der Lage die erforderliche Reaktion zu setzen. So wurde in Wien freiwillige Studentenkompanien aufgestellt, die in Ermangelung geeigneter Transportmittel mit Fahrrädern (Fahrräderkompanie bzw Radfahrerkompanie genannt) zum Abwehrkampf ins Burgenland fuhren.

Venediger Protokoll

Aufteilung von Österreich-Ungarn nach dem ersten Weltkrieg

Erst im Herbst entspannte sich die Lage: Nach italienischer Vermittlung verpflichtete sich Ungarn am 13. Oktober 1921 im „Venediger Protokoll“ zur Übergabe des Burgenlandes.

Eine Volksabstimmung über Ödenburg (und weiteren 8 Gemeinden) im Dezember 1921 endete jedoch mit einer Mehrheit für den Verbleib bei Ungarn, womit Ödenburg, das als Hauptstadt des Landes vorgesehen war, für das Burgenland verloren ging.

Die Venediger Protokolle vom 13. Oktober 1921, abgeschlossen zwischen Österreich und Ungarn, verboten Agitation vor der Abstimmung ausdrücklich. Ein Umstand, der nicht verhindern konnte, dass die Abstimmung von österreichischer und ungarischer Seite propagandistisch umfassend vorbeitetet wurde. Flugzettel, individuelle Plakate, Gerüchte, Drohungen, Irreführung und Polemik waren an der Tagesordnung.

Abstimmung

Von den laut ungarischen Wahllisten 27.069 Berechtigten machten 24.063 von ihrem Wahlrecht Gebrauch, 502 Stimmen waren ungültig: 15.338 hatten für Ungarn, 8.223 für Österreich gestimmt. In der Stadt Sopron/Ödenburg selbst hatten 72,8 % für Ungarn gestimmt, in den Ortschaften der Umgebung nur 45,4%, was auch hieß, dass einige Gemeinden – Fertőrákos/Kroisbach, Ágfalva/Agendorf, Balf/Wolfs, Harka/Harkau, Sopronbánfalva/Wandorf – gegen Ungarn gestimmt hatten, aber dennoch mit Ödenburg bei Ungarn verblieben.

Abstimmungsergebnis

Stimmbezirke Stimmberechtigte Abgegebene Stimmen davon ungültig für Österreich [%] für Ungarn [%]
Ödenburg / Brennberg 18.994 17.298 351 4.620 27.2 12.327 72.8
Agendorf 1.148 848 18 682 82.2 148 17.8
Harkau 668 581 9 517 90.4 55 9.6
Holling 349 342 11 74 22.3 257 77.7
Kohlnhof 948 813 30 243 30.0 550 70.0
Kroisbach 1.525 1.370 33 812 60.7 525 39.3
Wandorf 1.538 1.177 35 925 81.0 217 19.0
Wolfs 668 595 17 349 60.4 229 39.6
Zinkendorf 1.041 1.039 8 5 - 1.026 100.0
Insgesamt 26.879 24.063 512 8.227 34.9 15.334 65.1

Beurteilung / Fälschung der Ergebnisse

Österreichische Darstellungen beschreiben - unter Berufung auf ein Buch von Viktor Miltschinsky - den Ablauf der Volksabstimmung als Betrug und Fälschung. Danach seien Wählerlisten von den ungarischen Behörden gefälscht worden, 2.000 Flüchtlinge hätten an der Wahl nicht teilnehmen können und circa 2.800 Deutschsprachige seien am Abstimmen gehindert worden. Ein vertraulicher Bericht des ungarischen Vertreters in der Wahlkommission, Frigyes Villani, bestätigt viele der Anschuldigungen von Miltschinsky.

Literatur

  • Viktor Miltschinsky, Das Verbrechen von Ödenburg. Wien: Kommissionsverlag Literaria 1922
  • Gerald Schlag, Die Grenzziehung Österreich-Ungarn 1922/23. In: Burgenland in seiner pannonischen Umwelt. Festgabe für August Ernst. Eisenstadt 1984, 333-346
  • Oskar Helmer, 40 Jahre Burgenland. Ein Land wählt die Freiheit. Wiener Volksbuchhandlung, Wien 1961