Europäischer Ziesel
Der Europäische Ziesel (Spermophilus citellus) ist ein bodenbewohnendes, meist Steppengebiete und Graslandschaften besiedelndes rattengroßes Nagetiere aus der Familie der Hörnchen (Sciuridae), der gelegentlich auch urbanes Gebiet aufsucht.
Beschreibung
Der europäische Ziesel hat einen gelbgrauen Körper und erreicht ohne Schwanz eine Länge von 18 bis 23 Zentimeter. Ein ausgewachsenes Tier wiegt je nach Jahreszeit 200 bis 430 Gramm. Seine Beine sind sehr kurz. Das Fell ist mit kleinen weißgelben Tupfen bedeckt. Diese Flecken fehlen an der Seite. Die Bauchseite ist etwas gelblicher und heller als der Rest des Felles. Stirn und Scheitel sind etwas dunkler schattiert als die Rückenpartie. Die dunklen Augen werden von einem helleren Ring umrahmt. Charakteristisch ist das "Männchen-Machen", das den Tieren eine bessere Übersicht und rechtzeitiges Erkennen von Gefahren, z.B. vor herannahenden Fressfeinden ermöglicht. Bei Gefahr gibt der europäische Ziesel typische, laute Pfiffe ab, die Artgenossen warnen sollen.
Fortpflanzung und Entwicklung
Die Paarung findet nach dem Erwachen aus dem Winterschlaf statt. Nach einer Tragzeit von 25 Tagen bringt das Zieselweibchen 6-8 nackte blinde Jungen zur Welt und zieht diese allein auf. Nach 2 Monaten sind die Jungtiere bereits selbständig und werden acht bis zehn Jahre alt.
Fotogalerie
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Europäischer Ziesel bei der Abgabe des Warnpfiffes
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Europäischer Ziesel bei der Nahrungsaufnahme
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Europäischer Ziesel im Portrait
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Europäischer Ziesel beim "Männchen-Machen"
Vorkommen
Das Hautverbreitungsgebiet es Europäischen Ziesels liegt in den Steppen Südosteuropas, in der Türkei und in Teilen des Balkans. In Österreich gibt es zahlreiche Vorkommen. In der Gegend rund um Eisenstadt sind die Siegendorfer Pußta und Heide, St. Margarethen, Steinbrunn sowie die Trausdorfer Hutweide erwähnenswert. Um den Neusiedlersee ist der Ziesel im Seewinkel (Lange Lacke, Darscho-Lacke), in Nickelsdorf, St. Andrä am Zicksee und Winden am See anzutreffen. Früher einmal besiedelten Ziesel halb Niederösterreich und das Burgenland. Sie waren von Retz über Wien bis in den Seewinkel hinein praktisch überall anzutreffen. Ein Kosmos-Naturführer aus den dreissiger Jahren des 20. Jahrhunderts berichtet von Zieseln beim Lusthaus im Prater, "die sich hier ihres Lebens freuten. Allenthalben sah man die niedlichen Dinger herumhuschen, die fast alle Scheu abgelegt hatten und sich hier zutraulich vor den Augen der Menschen tummelten ...". Zeitweise waren die Bestandsdichten so hoch, dass z.B. im Tullner Feld Prämien für Zieselschwänze und -ohren ausgezahlt wurden.
Lebensweise
Der Euroäische Ziesel lebt im Erdbau, der tagsüber zur Nahrungssuche verlassen wird. Die in Kolonien lebenden Tiere bevorzugen tiefgründige, selten oder nicht bearbeitete Böden, da die Baue selbst gegraben werden. Der Grundwasserspiegel muss daher tief liegen. Die etwa 1,5 m tiefen Bauen haben 5-7 cm breite kreisrunde bis ovale Löcher als Eingang. Der Europäische Ziesel hat unterschiedliche Arten von Erdbauen, nämlich Dauerbaue mit verzweigten Röhren, mehreren Eingängen und einer Nestkammer für den Aufenthalt, Aufzucht und Winterruhe sowie Schutzbaue, zumeist einfache Röhren, die als Fluchtraum und fallweise der Ruhe dienen. Die Weibchen sind in der Regel nach ihrem ersten Winterschlaf geschlechtsreif und bringen in einem durchschnittlichen Jahr 2 bis 10 Junge zur Welt.
Nahrung
Auf dem Speiseplan stehen grüne Pflanzenteilen, Blüten und Samen, Wurzeln und Zwiebeln aber auch wirbellose Tiere wie Insekten und Regenwürmer. Charakteristisch für den Europäischen Ziesel ist im Gegensatz zu anderen Zieselarten bzw Feldhamster, dass kaum Vorräte angelegt werden, sondern die Nahrungsaufnahme intensiviert wird, wodurch das körpereigene Fettdepot aufgefüllt wird. Sind erst einmal hinreichende Fettreserven angelegt, hält der europäische Ziesel Winterschlag bis März oder April.
Winterschlaf
Den Winterschlaf verbringen die Tiere in Kältestarre. Die Körpertemperatur sinkt dabei von 37 bis 38°C auf 6 bis 7°C. Die Blutmenge reduziert sich auf ein Siebzigstel. Sinkt die Außentemperatur so stark, dass die Körpertemperatur 5°C erreicht, beginnt ein Kältezittern. Dadurch wird aus dem gespeicherten Fett Wärme produziert.
Gefährdete Art
Ziesel haben viele natürliche Feinde, wie Fuchs, Iltis, Hund oder Falke. Auf der Roten Liste der gefährdeten Tierarten stehen sie aber nicht deshalb. Das Vorkommen des Ziesel ist weitgehend auf verstreute Rückzugsgebiete beschränkt. Es gibt somit nur mehr Splittergruppen, die oft selbst wiederum vom Aussterben bedroht sind. Dies hängt vor allem mit der intensiven Landwirtschaft, aber auch der Zersiedelung der Landschaft zusammen. Als umso wichtiger erweisen sich Rückzugsmöglichkeiten, auch wenn es nur eine "Gstettn" ist, oder vielleicht die Grünfläche eines Wohnhauses, wo Ziesellöcher geschätzt werden. Der Europäische Ziesel ist eine Art des Anhanges II der FFH-Richtlinie (Flora Fauna Habitat) der Europäischen Union. Darunter fallen "Tier- und Pflanzenarten von gemeinschaftlichem Interesse, für deren Erhaltung besondere Schutzgebiete ausgewiesen werden müssen". Zudem sind die Tiere auch im Anhang IV dieser Richtlinie genannt und damit eine "streng zu schützender Tierart von gemeinschaftlichem Interesse". In den drei Bundesländern mit Zieselvorkommen findet sich die Art jeweils in speziellen Schutzverordnungen.